Dirk Emmerich texte | fotos | musik

BRUCE SPRINGSTEEN. Only The Strong Survive

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Only The Strong Survive. Gehen wir mal davon aus, dass Bruce Springsteen dieses Album nicht gemacht hat, weil er knapp bei Kasse ist. Das ist er sicher nicht. Und er hat es auch nicht gemacht, um irgend jemandem zu beweisen, dass er mehr kann als E-Street-Rock. Hat er ja schon mehrfach - mit seiner Hommage an Pete Seeger und die Hootenanny-Bewegung und später auch mit einem Ausflug in die Country-Musik. Er hat es vermutlich gemacht, weil,er einfach Lust darauf hatte.
Ein Soul-Album. Aber musste das wirklich sein? Springsteen - der vieles was eigentlich schon fertig ist - wieder verwirft, weil es ihm dann plötzlich nicht mehr gut genug erscheint. Das soll er auch vor diesem Album gemacht haben. Da hatte er gerade eine neue Platte mit der E-Street-Band im Kasten und hat sie wieder eingestampft, um sich dann vor einem neuen Anlauf mit der Musik seiner frühen Jugend abzulenken. Temptaions, Four Tops, Walker Brothers... Diese Bands haben seine musikalische Sozialisierung geprägt, damals in den frühen Sechzigern, als schwarzer Soul noch ziemlich weiß geklungen hat. Soweit sogut, aber dann gleich ein ganzes Album machen?

Was er bei Pete Seeger und Country gut hinbekommen hat, gelingt ihm hier nicht und geht daneben. Es wird auch nach mehrmaligen Hören irgendwie nicht seine Musik, die es mit den Originalen aufnehmen könnte und diese weiterentwickelt und mit Springsteen das nächste Level erklimmt. Er leiht den Songs seine Stimme und verändert kaum etwas. Und die zunächst sensible Annäherung an die einzelnen Stücke schlägt spätestens beim Refrain in brachialen Eroberung eines Rock'n'Rollers um. Der Zauber der Originale ist dahin. Das ist nicht bei allen Titeln so, aber bei den meisten. Das sticht um so mehr hervor, weil er alles mit einer Bigband und Backgroundsängerinnen produziert. Wenn er doch vielleicht ein paar Musiker der E-Street-Band dazugeholt hätte. Dies hätte womöglich manches verändert. Aber so bleibt auch beim Versuch des Schönhören des Albums nicht viel mehr als die Erkenntnis, dass Bruce Springsteen kein Soul-Sänger ist. Irgendjemand hätte ihm das sagen sollen bevor er die Idee umsetzt, ein ganzes Album mit dieser Musik zu machen.
Vermutlich wird es sich trotzdem verkaufen. Hey, es ist ja Musik vom Boss. Und der echte Fan ist großzügig. Only The Strong Survive. Weihnachten steht vor der Tür.

Bruce Springsteen: Don´t Play That Song